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krea[K]tiv

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1. Umfrage – Ergebnisse

Erstellt am: 13. Januar 2021
Kategorie: Kampagnen

Wie ging es Dir von März bis Oktober 2020?
Mußtest Du mit vielen Ausfälllen kämpfen und wie steht es um das liebe Geld? Konntest Du Dich über Wasser halten und was macht es mit Dir, wenn Du über Monate nicht Deinen gelernten Beruf ausüben kannst?

Während unserer wöchentlichen Treffen im InnerCircle von krea[K|tiv – musiktheater stands up fiel uns allen auf, dass es zu wenig Daten gibt, um die Situation der Freiberufler*innen während der Pandemie verdeutlichen zu können.
„Ziemlich schlecht geht’s uns“ – das war der allgemeine Eindruck, aber weder der Musikrat, der Bühnenverein oder die Gewerkschaften hatten bisher Daten erhoben – nur allgemein, alle Musiker*innen betreffend und leider sehr unübersichtlich in der Auswertung.

Also musste eine Umfrage her – zwei Monate haben wir gefeilt und uns ausgetauscht, wie wir das Thema angehen, da wir bisher nicht die Möglichkeit hatten, ein Institut damit zu beauftragen.

Was bewegt Dich? Was sind Deine Probleme? Wie kann krea[K|tiv – musiktheater stands up e.V. dazu beitragen, damit Du Dich mehr gesehen fühlst und wir gemeinsam passende Lösungen suchen oder Vorschläge an Politik und Theaterdirektor*innen machen können. Ein großes Thema ist, dass im Musiktheater der Ausländer*innen – Anteil sehr hoch ist, und sehr viele nicht wissen, dass es überhaupt staatliche finanzielle Hilfen gibt und wie man diese beantragt, obwohl jahrelang in das deutsche Sozialsystem eingezahlt wurde.

Die Ergebnissen dieser ersten Umfrage zeigten, dass bei den nicht-Festangestellten ein erheblicher Anteil von Erspartem lebt, der demnächst aufgebraucht sein wird. Häufig müssen Partner oder Eltern sponsern. Die Solo-Selbständigen-Hilfen haben bisher nichts gebracht, da Künstler*innen kaum Betriebskosten haben und dennoch ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen.

Was macht es mit Deiner psychischen Verfassung, wenn alles was sicher schien, plötzlich wegbricht, wenn Dein Lebens- und Arbeitsmittelpunkt, die Bühnen dieser Welt zum Grossteil für Monate geschlossen sind? Welche Auswirkungen hatte und hat der Corona Lockdown?

Wir wollten in der Umfrage auch herausfinden, ob sich Theater bemüht haben, für die Freiberufler*innen Lösungen über Kurzarbeit oder auch Ausfall-Honorare, Studierpauschalen oder entsprechende vertragliche Vorschüsse zu regeln. Bisher leider eher Fehlanzeige, aber zumindest einige Theater machen sich tolle Gedanken und kämpfen auch für die Freien.

Einige wenige (ca. 3 Prozent) unter uns sind sogar froh gewesen über dieses Innehalten im Frühjahr, weil ihr Kalender übervoll war und das Nein-Sagen in unsere Branche einfach schwerfällt: „Werde ich wieder gefragt, wenn ich das absage?“

Bei der Mehrheit überwiegen leider die Nachteile – 60 Prozent leiden unter mangelnder Motivation. Wofür üben, wenn kein Engagement ansteht? Die Hälfte hat gravierende Schlafprobleme. Kein Wunder, wenn man weder weiß, wo das nächste Geld herkommen soll noch, ob die versprochenen Verträge auch stattfinden oder überhaupt ausgestellt werden.

In unserem #weihnachtsschrei haben wir einige Ergebnisse auch an die Politik weitergegeben. Zahlen und Analysen kommen gut an und werden anders wahrgenommen als Einzelschicksale. Denn die Theater beschäftigen in Deutschland immerhin knapp 40.000 Menschen und die Arbeitsverhältnisse sind schon immer überwiegend prekär und ungerecht gewesen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt in der ersten Umfrage war – was willst Du? Welche Art von Vertretung möchtest Du? Wo können wir helfen und welche Beratung wünschst Du Dir?

Soll es mehr Vertrauensstellen geben, die in Missbrauchsfällen, Belästigungen im Bereich von #meToo oder Machtmissbrauch durch Führungskräfte für Dich da sind? Wäre ein Mediator, der vor Ort schlichtet eine sinnvolle Sache? Braucht man mehr Infos über Steuern, Sozialversicherungsrecht oder Verträge?

Was fehlt noch dringend für uns Künstler*innen?

Hier haben wir die Daten und Ergebnisse für Dich aufbereitet.
Wir würden es sehr begrüßen, wenn Du unserer Community beitreten würdest.

Deine Stimme zählt.

 

ERGEBNISSE:

 

In den letzten zwanzig Jahren hat sich der Markt an Theatern in Deutschland gravierend verändert. Feste Ensembles wurden verkleinert, Theater fusioniert und abgewickelt.

 

Dadurch haben sich deutliche Verschiebung ergeben. Ein deutlicher Rückgang an Festanstellungen ist zu beobachten.

 

Gleichzeitig gab es eine große Zunahme von Gastverträgen und die Neuschaffung von Opernstudios, die zunehmend die Anfängerverträge ersetzen.

Quellen der Daten für die drei Grafiken

Corona Pandemie seit März 2020

In der Corona Pandemie hat sich im ersten Lockdown ab März 2020 bis Sommer 2020 gezeigt, dass aufgrund der Pandemie und der behördlichen Anordnung alles zu schließen, viele Veranstalter nur noch absagen konnten. Aufgrund der Vorgaben der Träger wurden vertragliche Honorare für Freischaffende nur teilweise bezahlt, weil man sich auf die Klauseln zur „Höheren Gewalt“ berief. Klagen gibt es dagegen bisher wenige.

Einige Veranstalter boten daraufhin Ersatz-Verträge in der nahen und ferneren Zukunft an. Dies war nur teilweise eine Lösung, denn die Lebenshaltungskosten der Künstler*innen müssen dennoch jetzt bezahlt werden.

In Deutschland sind die durchschnittlichen Haushaltsausgaben monatlich ca. 2.700 Euro.
Künstler*innen leben am Anfang oft allein, so ergeben sich hier zum Teil deutlich bescheidenere monatliche Ausgaben.

Die meisten unserer Umfrageteilnehmer*innen sind schon lange im Beruf. 70 Prozent sind seit 10 Jahren im Beruf, 21 Prozent sogar länger als 25 Jahre.

Viele der Befragten leben allein oder zu zweit, aber 25 Prozent müssen mit ihrem Einkommen eine ganze Familie ernähren.

In diesen langen Jahren des Berufs sammelt sich nicht nur eine Menge Erfahrung an, sondern auch eine Menge an Steuergeldern, die in diesem Zeitraum bezahlt wurden, ebenso wie Einzahlungen in die Sozialversicherungen.
Viele in- und ausländische in Deutschland arbeitende Kolleg*innen wissen nicht, dass es Möglichkeiten der Unterstützung durch den Staat gibt, z.B. durch Arbeitslosengeld 1, Wohngeld, Elterngeld u.v.m.

Die negative Stimmung und Perspektivlosigkeit verstärkt sich durch die neuerlichen Einschränkungen durch Lockdowns, deren Ende nicht abzusehen ist. Im Herbst gab es noch recht viele Verträge, auf deren Durchführung die „Freien“ hofften.

Viele haben aber schon jetzt Bedenken, dass sie auf die Dauer nicht mehr von ihrem Beruf am Theater leben können werden.

Ähnlich der kürzlich veröffentlichen Berliner Umfrage, laut der jeder 3. Musiker sich überlegt, einen anderen Beruf zu ergreifen,
sehen auch einige unserer Befragten die Zeit für gekommen, über eine Alternative zur Musik nachzudenken.

Quelle Berliner Umfrage

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Corona Krise zeigt sich auch in der Ausbreitung vieler psychischer Probleme unter Künstler*innen.
Die mangelnden Arbeitsmöglichkeiten und Perspektiven lösen bei vielen Schlaflosigkeit und Depression aus und auch die Stunden im Internet werden mehr.
Nur wenige (5 Prozent) berichten von einer neuen Entspannung,
seit sie nicht mehr so viel arbeiten.

Eines unser wichtigsten Themen bei krea[K]tiv – musiktheater stands up e.V. ist der Gemeinschaftsgedanke. Zusammenstehen und füreinander da sein, Beratung bieten, Missstände anprangern und unfaire Arbeitsbedingungen ansprechen. Der Wunsch kommt auch von unseren Befragten – bisher sind viele (69 Prozent) nicht gewerkschaftlich organisiert, weil sie den Sinn darin nicht sehen. Gewerkschaften sehen viele als zu langsam und unbeweglich an. Wir wollen daher mit unserem neuen Verein für Freischaffende mit Euch daran arbeiten, dass die Freien gehört und respektiert werden.

Packen wir es an – engagiert Euch und tretet ein! Musiktheater stands up!

 

Hier könnt Ihr die Ergebnis-Grafiken nochmals als PDF öffnen:

Umfrageergebnisse_Präsentation_kreaKtiv